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Rechtsanwälte Andrae & Simmer
Virtuelles Hausverbot ist Teil des Rechts auf Selbstbestimmung (Urteil AG Hamburg-Wandsbek vom 31.01.17, Az 716a C 343/16)
von RA Florian Decker, Februar

Die nachstehend besprochene Entscheidung finden Sie hier als Faksimilie zum Download.

Innerhalb der letzten 20 Jahre hat das Internet immer größere Bedeutung für das tägliche Leben gewonnen, sei dies im privaten  Bereich oder auch im gewerblichen Bereich. Seit dieser Zeit kämpft der Gesetzgeber und kämpfen die Gerichte darum, das „Leben im Internet“ mit den althergebrachten rechtlichen Mitteln zu erfassen und in rechtsstaatlicher Weise zu regeln. Dieser Kampf ist nicht immer leicht. Dies ist auch wenig verwunderlich, bedenkt man, dass die wesentlichen Regelungen zum Beispiel des deutschen Zivilrechts noch auf die Aktivitäten des Gesetzgebers im deutschen Kaiserreich um 1900 zurückgehen.

Eines dieser Probleme ist die Frage, ob das seit sehr langer Zeit im deutschen Zivilrecht verbürgte Hausrecht des Ladeneigentümers sich auch  auf dessen Onlineladen/Onlineshop erstreckt. Kann also der Betreiber des Onlineshops einfach einen potentiellen Kunden verbieten, sein „Geschäft“ zu betreten. Unabhängig von der Frage, wie dies in digitalen Zeiten tatsächlich durchgesetzt werden kann, wird die Frage auch von rechtlicher Seite heftig diskutiert.

In der Streitigkeit, welche die der oben zitierten Entscheidung des Amtsgerichts Hamburg-Wandsbek zugrunde lag, hatte ein Käufer (Beklagter) bei einem Onlinehändler (Kläger) eine Ware erworben. Im Rahmen der Abwicklung der Transaktion entstandenen Diskussionen darüber, ob der Kläger seine Pflichten als Verkäufer voll erfüllt habe. Der Beklagte war der Meinung, der Kläger habe einen Fehler bei der Zustellung der Ware begangen. Der Kläger verteidigte sich damit, dass dem nicht so gewesen sei. Der Beklagte gab auch eine Negativbewertung ab (der Kauf von über eBay.de zustande gekommen). Nachdem die Streitigkeiten insofern gelöst waren, verblieb der Kläger vom Verhalten des Beklagten derart enttäuscht und frustriert, dass er diesem gegenüber erklärte, er habe nunmehr Hausverbot. Er brachte zum Ausdruck, dass er (der Kläger) mit dem Beklagten in Zukunft keine Geschäfte mehr machen wolle. Als Antwort darauf teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass er dem Kläger versichere (In Zuwiderhandlung gegen das Hausverbot) wieder bei ihm einzukaufen.

Der Kläger ging daraufhin davon aus, dass der Beklagte – gegebenenfalls unter falschem Namen oder jedenfalls mittels eines anderen eBay-Accounts (den der Kläger natürlich im Vorhinein nicht von eBay für den Einkauf sperren lassen konnte) – wieder bei ihm einkaufen würde. Der Kläger musste annehmen, dass dann potenziell wieder Streit entstehen und auch eventuell wieder eine Negativbewertung abgegeben würde et cetera. Genau dies hatte er mit der Erteilung des Hausverbotes vermeiden wollen. Daher entschloss er sich, dem Hausverbot Nachdruck zu verleihen und den Beklagten anwaltlich abmahnen und zur Unterlassung auffordern zu lassen.
Die Unterlassungserklärung unterzeichnete der Beklagte unter Protest. Er verweigerte aber die Erstattung der angefallenen Rechtsanwaltskosten. Diese wurden sodann vor dem Amtsgericht Hamburg-Wandsbek vom Kläger gegen den Beklagten weiter geltend gemacht.

Das Gericht gab der Klage statt und verurteilte den Beklagten zur Übernahme der Kosten aus einem Streitwert von 3000 EUR. Die folgende klare Begründung hierfür lieferte das Gericht:

"Allein entscheidend [Für die Begründetheit der Klage; Anm.  des Autors]Ist, dass der Kläger gegenüber dem Beklagten ein Hausverbot für sämtliche Shops des Klägers ausgesprochen hat und der Beklagte konkret angekündigt hat, hiergegen verstoßen zu wollen. Einen sachlichen Grund für die Erteilung des Hausverbots bedurfte es demgegenüber nicht. Denn der Kläger war als Inhaber des Hausrechts berechtigt, ein Hausverbot auszusprechen. Die vom Kläger getroffene Entscheidung, mit dem Beklagten keine Rechtsgeschäfte mehr abschließen zu wollen, ist Ausdruck der ihm zustehenden Privatautonomie, die die Selbstbestimmung des Einzelnen im Rechtsleben schützt. Diese Entscheidung unterliegt als freier unternehmerische Entscheidung allein dem Kläger. Nur in Bereichen, in denen ein Kontrahierungszwang für ein Teilnehmer am Rechtsverkehr besteht, mag dies anders zu beurteilen sein.“
 

Fazit:
Das Amtsgericht "bricht eine Lanze“ für eine klare Regelung des Hausrechts. Dies ist nach hiesiger Auffassung auch sachgerecht. Warum sollte es ohne  Kontrahierungszwang - der in Deutschland auch nur in seltenen Ausnahmefällen gegeben ist - irgendeine Notwendigkeit dafür geben, das Hausverbot begründen zu müssen. Es ist die freie Entscheidung jedes Bürgers im Rahmen seiner Privatautonomie, zu entscheiden, mit wem er Verträge schließen möchte und mit wem nicht. Diese Freiheit stellt eine der wesentlichsten Komponenten des Persönlichkeitsrechts nach Art. 2 Grundgesetz (GG) dar und verdient den Schutz der Gerichte.
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