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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

Ein vom VW Abgasskandal betroffener Käufer hat unter Umständen Rücktrittsrecht (LG München I, 
Urt. v. 14.04.2016, Az. 23 O 23033/15)
 
Im Mai 2014 hatte der Kläger, in einem aktuell vom Landgericht München I (Urt. v. 14.04.2016, Az. 23 O 23033/15) zu entscheidenden Fall, einen PKW der Marke Seat mit einem VW-Dieselmotor bei einem dem VW-Konzern angehörigen Autohaus erworben. Dabei kam es dem Kläger darauf an, das stellt das Gericht so fest, dass der Schadstoffausstoß des Fahrzeuges möglichst gering sein sollte und gleichzeitig eine hohe Leistung erhalten bleibe. Der gewählte Motor war ihm vom Autohaus besonders hierfür empfohlen worden (1.6 TDI 66kw, Typ EA 189). Auch in den damaligen Prospekten des Herstellers wurde entsprechend mit hoher Leistung bei niedrigem Schadstoffausstoß geworben.

Später stellte sich dann aber leider heraus, dass auch dieses Fahrzeug von dem sog. VW-Abgasskandal betroffen war, also durch eine Software auf die messbaren Stickoxidwerte Einfluss genommen wurde, um bei der Prüfung ein besseres Ergebnis zu erzielen, aber im Fahrbetrieb eine höhere Leistung zu erhalten.

Der Kläger forderte Nacherfüllung vom Autohaus, welches dieses nicht zeitnah leistete. Daraufhin trat der Käufer vom Vertrag zurück und erklärte später auch die Anfechtung wegen arglistiger Täuschung. Er verlangte Rückabwicklung des Kaufvertrages. Die Mangelbeseitigung sei nur mit Erhöhung des Verbrauchs möglich. Der Händler müsse sich das Wissen, um die Manipulation zurechnen lassen, dass bei seiner Konzernmutter vorhanden war. Die Beklagte verteidigte sich damit, man habe keine Kenntnis von dem Problem gehabt, also nicht getäuscht. Was die Gewährleistung angehe, so stelle das Problem keinen Mangel dar, das Fahrzeug sei fahrbereit und verkehrssicher, der Kläger sei nicht eingeschränkt.  Wenn ein Mangel vorliege so sei dieser unerheblich und berechtige nicht zum Rücktritt. Außerdem sei man bei der Problembehebung von der Konzernmutter abhängig und daher sei die gesetzte Nacherfüllungsfrist zu kurz gewesen, man könne noch immer nachbessern.

Das Landgericht München I gab dem Kläger Recht und verurteilte die Beklagte zur Rückabwicklung abzüglich Wertersatz für die Zeit der Benutzung des Fahrzeuges. Das Gericht sah hier die Rückabwicklung sowohl wegen arglistiger Täuschung als auch wegen wirksamen Rücktritts aufgrund Mangels als begründet an.

Für Arglist genüge ein bedingter Vorsatz. Dem Autohaus sei als Konzerntochter das Wissen der VW AG zuzurechnen. Diese habe bewusst falsche Angaben zum Schadstoffausstoß gemacht. Daher liege eine arglistige Täuschung auch seitens der Beklagten vor. Die Anfechtung sei berechtigt.

Aber auch der Rücktritt sei wirksam. Der unstreitig überhöhte Stickoxidausstoß stelle einen Mangel dar. Unabhängig von der Frage, ob eine Nachbesserung nun möglich oder unmöglich sei, so sei jedenfalls eine angemessene Zeit zur Nacherfüllung belassen worden und diese sei nicht genutzt worden. Zwar hatte der Kläger zunächst nur 2 Wochen Frist gesetzt. Dies sei wohl zu kurz bemessen gewesen. Jedoch könnte im Rahmen § 308 eine Nachbesserungsfrist von mehr als 6 Wochen oder gar mehr als 2 Monaten nicht verlangt werden. Dies verstoße gegen die gesetzgeberische Wertung. Eine Frist von über einem halben Jahr, die der Beklagten hier jedenfalls geblieben war, sei nach der Überzeugung des >Gerichts auf keinen Fall mehr angemessen. Der Mangel sei auch erheblich, da die Beseitigung ein halbes Jahr Vorbereitung brauche und die >Genehmigung des Kraftfahrtbundesamtes benötige.
Bisher ist dies nach hiesiger Kenntnis die erste Entscheidung zu Gunsten eines betroffenen Käufers zu sein. Es bleibt abzuwarten, wie die Rechtsprechung sich hierzu weiter entwickelt.


von RA Decker, Mai 2016
Urt. v. 14.04.2016, Az. 23 O 23033/15
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