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Rechtsanwälte Andrae & Simmer
Rezension: Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch BGB
Schulze / Grziwotz / Lauda, BGB, Kommentiertes Vertrags- und Prozessformularbuch, 4. Auflage, Nomos 2019
Von Rechtsanwalt Florian Decker, Rechtsanwälte Andrae & Simmer, Saarbrücken, Februar 2020

Bei dem nunmehr bereits in vierter Auflage erschienenen Werk handelt es sich (nach wie vor) um einen Werk mit recht innovativem Ansatz. In seiner Herangehensweise hat es keine dem Rezensenten bekannte direkte Konkurrenz. Zwar kommentiert das Werk nicht mehr und nicht weniger als andere Formularbücher dies zu tun. Die Innovation besteht allerdings darin, dass die entsprechenden Mustertexte und Erläuterungen zu diesen Mustern direkt mit den Paragraphen des Bürgerlichen Gesetzbuches in Zusammenhang gebracht werden. In den üblichen Formularbüchern werden Gruppierungen geschaffen, zum Beispiel findet sich ein Kapitel zum Mietrecht oder zum Kaufrecht und dieses Kapitel wird dann in sich in bestimmter Art und Weise logisch gegliedert. Die Vorgehensweise bei der Gliederung folgt dann von der Autorenschaft selbst gewählten Kriterien und orientiert sich gerade nicht direkt und unmittelbar am Aufbau des Gesetzes. Das vorliegende Werk hingegen folgt keiner selbsterdachten Logik sondern bleibt bei der (nach allgemeinen Grundsätzen auch mehr als tauglichen) Logik des BGB.

Das hat in der Praxis mitunter entscheidende Vorteile. So denkt der Jurist in der Regel vom Paragraphen her. Steht zum Beispiel im Kaufrecht die Frage im Raum, was im Hinblick auf einen aufgetauchten Mangel unternommen werden soll und fragt der Mandant nach Nacherfüllung, so wird der Berater am § 439 BGB mit seinen Überlegungen ansetzen. Schlägt man im vorliegenden Werk besagten Paragraphen auf, so kommt die Funktion des Prozessformularbuchs zum Tragen; es finden sich drei Formulare zu verschiedenen Prozesskonstellationen. Das ist im Hinblick auf den fraglichen Paragraphen nicht überraschend, findet er doch in Vertragswerken gewöhnlich keine nähere Ausgestaltung. Indes hätte man etwa eine Formularklausel für einen Vertrag zwischen Unternehmen erwarten können, die die Frage betrifft, wer die Art der Nacherfüllung wählen kann. Es handelt sich aber nicht um ein Werk, das alle denkbaren Konstellationen abdeckt. Dies wäre auch zu viel verlangt. Das Werk hat ohnedies schon mehr als 3000 Seiten und müsste eine Vielzahl von Bänden einnehmen, wollte man tatsächlich alle oder die überwiegende Mehrzahl der denkbaren Konstellationen abbilden.

Offensichtlich hat man sich daher darauf verlegt, nur die wirklich problematischen und etwas außergewöhnlichen Fragestellungen darzustellen. So betreffen die drei Muster zu § 439 BGB die „Klage auf Aufwendungsersatz gemäß § 439 Abs. 3“, die „Einrede der Unverhältnismäßigkeit gemäß § 439 Abs. 4"“ sowie die „Geltendmachung des Nacherfüllungsanspruches (gegenüber einer Kaufpreisklage)“. Es fehlt eventuell die viel diskutierte in der Praxis hoch problematische Klage auf Nacherfüllung. Allerdings ist die getroffene Auswahl sicher sehr nützlich.

Die Muster an sich lassen kaum etwas zu wünschen übrig. Das Formular zum Beispiel betreffend die Klage auf Aufwendungsersatz schafft es insofern auf nur etwa 1,5 Seiten eine sauber formulierte und schlüssige Klage darzustellen. In der Kommentierung werden dann im Wesentlichen der materiell-rechtliche, teils aber auch der prozessrechtliche Hintergrund der Formulierungen erläutert. Dabei findet sich (sehr löblich) zum Beispiel betreffend den Anspruch auf Aufwendungsersatz nicht nur eine Darstellung der neuen Rechtslage, die seit dem 1.1.2018 besteht und erstmals eine eigenständige gesetzliche Anspruchsgrundlage betreffend die Kosten für den Ausbau der mangelhaften Sache und den Wiedereinbau der nachgebesserten Sache schafft. Es wird auch die alte Rechtslage dargestellt, die zu diesem Thema durch die Rechtsprechung der Obergerichte geprägt war. Diese Rechtsprechung wird dargestellt. Die Abgrenzung wird insofern noch einige Jahre wichtig bleiben, da zum einen noch Altfälle existieren könnten (was die Kommentierung ebenfalls in zeitlicher Hinsicht darstellt) und zum anderen aber auch die neue Regelung nur vor dem Hintergrund der früheren Rechtsprechung wirklich verständlich wird. Zudem wird die Kenntnis der alten Rechtsprechung dabei helfen, Argumenten Dritter zu begegnen, die sich eventuell auf nunmehr überholte Urteile zu dem Thema stützen wollen.

Die Darstellung ersetzt keinen BGB-Kommentar, bietet aber wertvolle Ansätze. Die Verweise auf Quellen beschränken sich im Wesentlichen auf einzelne Kommentarwerke und die Benennung der einschlägigen Rechtsprechung, halten aber doch hinreichend Ansatz für eine weitere Recherche bereit.

Auch den Ansprüchen der digitalen Gesellschaft wird vom Verlag Rechnung getragen. So gibt es auch eine online Vollversion des Werkes. Mit dem Kauf des Werkes erwirbt man ein bis zur nächsten Auflage geltendes Recht zur online Nutzung. Es findet sich ein sehr sorgfältig versiegelter Umschlag am Anfang des Werkes eingeklebt, der Instruktionen und einen Zugangscode enthält. Über die Webseite des Verlages kann sodann aber nicht nur eine vollständige Ausgabe des Werkes abgerufen werden, es sind auch die zitierten Gesetze und zitierten Urteile abrufbar.

Mit 138 € ist das Werk wieder günstig noch teuer. Es kann aber jedenfalls – gerade aufgrund seiner innovativen Herangehensweise - eine wirklich sinnvolle und wichtige Ergänzung für die zivilrechtliche Bibliothek darstellen.
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