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Rechtsanwälte Andrae & Simmer

Küstner / Thume, Handbuch des gesamten Vertriebsrechts, Band 2 – Der Ausgleichsanspruch des Handelsvertreters, 9. Auflage, R & W 2014
von RA Florian Decker, Saarbrücken, Juli 2014

Das seit einigen Jahren vom R & W Verlag herausgegebene so genannte Handbuch des gesamten Vertriebsrechts ist seinem Titel nach etwas irreführend, da es aus insgesamt drei unabhängig voneinander ausgegebenen und aktualisierten Einzelbänden besteht. Band 1 befasst sich mit dem Recht der Handelsvertreter, Band 3 befasst sich mit dem Vertriebsrecht allgemein und Band 2 ist den an sich den anderen beiden Themen zugehörigen aber im Detail mitunter sehr kompliziert zu berechnenden Ausgleichsanspruchs des Handelsvertreters gewidmet, mit dem sich das Werk in seiner hier vorliegenden 9. Auflage auf mittlerweile ca. 1.000 Seiten auseinandersetzt bzw. auseinandersetzen muss. Es handelt sich bei dem Werk nach eigener Aussage im Pressetext um eine umfassende Kommentierung zum Ausgleichsanspruch nach § 89b HGB. Diese Norm wird im Pressetext insofern nicht zu Unrecht als wohl wirtschaftlich bedeutendste Bestimmung des gesamten Handelsvertreterrechts bezeichnet. Die letzte Auflage des Werkes stammte noch aus dem Jahre 2007, so dass in der vorliegenden Auflage nun die Änderung des Absatzes 1 dieses Paragraphen aus 2009 noch einzuarbeiten war, neben der Einbindung der seither ergangenen Rechtsprechung und der neueren Literatur zum Thema. Die Autoren und Herausgeber sind selbst Rechtsanwälte, was eine praktische Ausrichtung des Werkes verspricht.
 
Dieses Versprechen hält das Werk und noch mehr. Es erfolgt, was allein schon die Dicke des Buches andeutet, eine intensive Auseinandersetzung, die natürlich auch ein gewisses dogmatisches Maß beinhaltet. Umgekehrt führt die klare Strukturierung des Gesamtwerkes sowie die redaktionelle Gestaltung im Schriftbild, Hervorhebung, Überschriften, Absätze etc. pp. zusammen mit den vielen Rechtsprechungsverweisen, vornehmlich auf obergerichtliche Rechtsprechung und Standardkommentarwerke im Rahmen der Fußnoten dazu, dass das Werk praktisch sehr gut verwertbar und nutzbar ist.
 
Zur Aufgliederung des Werkes: Zunächst widmet man sich dem Einfluss der europäischen Union auf den Ausgleichsanspruch, sodann di nAnspruchsberechtigten (selbständige Warenvertreter, arbeitnehmerähnliche Handelsvertreter, Vertragshändler, Kommissionsagenten etc.), den Schuldnern des Ausgleichsanspruchs, den Anspruchsvoraussetzungen in materieller und formeller Hinsicht, in einem eigenen Kapitel auch der Frage, wann eine Werbung neuer Kunden gegeben ist, und in einem weiteren Kapitel der Problematik, was Unternehmervorteile im Sinne der Norm sind. Auch die Billigkeitsgrundsätze, Provisionsverluste sowie Alters- und Hinterbliebenenversorgung des Vertreters finden eigene Behandlung. Aus Auftraggebersicht relevant ist auch z. B. Kapitel 11, in dem der mögliche Ausschluss des Ausgleichsanspruchs auseinandergesetzt wird sowie Kapitel 12, wo es um die Höchstgrenze des Ausgleichsanspruchs geht. Selbstverständlich finden sich auch Darlegungen zur Vorauserfüllung des Ausgleichsanspruchs, Entstehen, Fälligkeit, Verjährung und Verzinsung, Abtretung, Verpfändung und Pfändung des Ausgleichsanspruchs. Es wird danach gefragt und die Frage auch beantwortet, wie die Rechtslage nach Geltendmachung des Anspruchs ist, welche prozessualen Besonderheiten zu beachten sind, wie sich der Anspruch bei grenzüberschreitenden Vertreterverträgen verändert bzw. gestaltet usw. Praktisch sehr tauglich ist im Übrigen das Kapitel 14 in dem Beispiele für Ausgleichsberechnungen eines Warenvertreters anhand der Provisionsverluste auseinandergesetzt werden. Da die Grundsätze des Handelsvertreterrechts auch in der Versicherungswirtschaft mitunter Anwendung finden, haben die Autoren in Kapitel 20 entsprechende Ausführungen aufgenommen. Zum Ende gelangen auch die handelsbilanziellen und steuerrechtlichen Fragen in Zusammenhang mit dem Ausgleichsanspruch zu Beachtung und Bewertung. Im Anhang zu dem Werk finden sich sodann einige interessante Materialien. Neben den Wortlauten des Gesetzes und der europäischen Richtlinien, z.B. auch die Wiedergabe von Schreiben des Gesamtverbandes der Versicherungswirtschaft, besondere Vertragsklauseln usw. Das Buch endet in der üblichen Weise, mit einem Schriftenverzeichnis und einem Stichwortregister.
 
Um die Praxistauglichkeit des Werkes zu belegen sei z.B. der Fall herangezogen, dass ein Handelsvertreter eines Mandanten gestorben ist und dieser nun die Frage stellt, ob bei dessen Tod nun ein Ausgleichsanspruch entstehen kann, den eventuell dessen Erben geltend machen wollen oder können. Unter dem Stichwort Tod des Vertreters findet man unter Kapitel 5 A. Rn. 7 (Seite 115) die passende Überschrift. Bereits in den ersten beiden Sätzen wird auf das entsprechende BGH-Urteil und den Umstand verwiesen, dass ein Ausgleichsanspruch bei Tod des Handelsvertreters entsteht, da der Tod den anderen Beendigungstatbeständen gleichzusetzen ist. Auch auf die zwischenzeitlich erfolgte Regelung durch den EU-Gesetzgeber wird verwiesen. Nachfolgend wird erläutert, wie sich die Frage dann im Verhältnis zu den Erben verhält. Die wesentlichen Schlagworte sind hervorgehoben, die maßgeblichen Urteile benannt und korrekt in der Fußnote zitiert.
 
Nun könnte man annehmen wollen, das Werk sei „nur etwas für Spezialisten“ und der normale Bearbeiter könne sich sicherlich mit einer „handelsüblichen“ Kommentierung in einem HGB-Kommentar behelfen. Allerdings sind Fälle zum Handelsvertreterausgleichsanspruch in der Praxis oft im Detail tückisch, so dass man sich bei der Bearbeitung eines solchen Mandates schnell zum Spezialisten entwickeln muss. Wer also sich mit dem Handelsrecht befasst und ab und zu mit dem Vertriebsrecht zu tun hat, kann durchaus schon Verwendung für das vorliegende, hochspezialisierte Werk haben. Der Kauf kann sich trotz des ganz beachtlichen Preises von 179,00 € sicherlich lohnen.
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